„Dort wo die sind, will ich auch hin!“, dachte ich als mir auf Facebook Fotos von Freunden ansah. Das hieß also: auf in die Schweiz zu einer Gratwanderung vom Monte Lema zum Monte Tamaro! Mein Plan wurde sogleich umgesetzt, ich kaufte mir eine Wanderausrüstung, organisierte die Bahntickets und buchte die Unterkünfte. Jetzt musste ich nur noch meinen kompletten Wander-Neuling-Mut zusammen nehmen und alleine los fahren.
In Lugano angekommen, erkundete ich das hübsche Städtchen mit dem wunderbaren See und blickte hoch zu den Bergen drum herum. Von da oben sollte ich schon bald runter schauen. Am nächsten Morgen packte ich alle Sachen für die zweitägige Bergtour und verstaute den Koffer im Gepäckaufbewahrungsraum des Hotels. Dann fuhr ich mit dem Bus zur Seilbahnstation Miglieglia. Ich hätte von da auch hoch gehen können, doch ich wollte ja nicht den ganzen Tag damit verbringen auf den Berg zu kommen, sondern oben drauf rumwandern. So war ich also nach zehn Minuten – und ohne zu schwitzen – auf dem Monte Lema (1621 m) und hatte einen wunderschönen Ausblick auf den Lago di Lugano. Kleines Selfie und weiter gehts!
Das Wandern konnte beginnen! Schon nach den ersten Minuten war ich froh mich bei den neuen Wanderschuhen für das teurere Modell entschieden zu haben. Die Alpen sind halt doch nicht der Harz. Vier, fünf Stunden lagen vor mir bis zum Monte Tamaro. Der Tag war sonnig und warm und die Bienchen flogen vergnügt um die blühenden Blumen. Weil ich allein unterwegs war, achtete ich verstärkt auf die Natur mit ihren Blumen und Tieren, auf die Bergformationen und die Wolkenbilder.
Es ging mal bergauf und mal bergab. Wenn es einmal steil bergauf ging, hörte ich meinen Atem und vor Anstrengung pochte es unter meiner Schädeldecke. Nach jeder Bergkuppe dachte ich, der nächste Berg dort hinten ist mein Ziel der Monte Tamaro. Doch oft stellte sich heraus, dass es nach einer Kurve noch sehr viel weiter ging. Menschen traf ich nur sehr wenige, was wohl daran lag, dass ich mitten in der Woche im September unterwegs war. Da ich alleine unterwegs war, brauchte ich auf niemanden Rücksicht nehmen. Ich ging mal schneller, mal langsamer und bestimmte selbst meine Pausen.
Nach einem halben Tag wandern hatte ich das schwierigste Stück immer noch vor mir, den Gipfel des Monte Tamaro (1962 m).
Anders herum wäre die Tour wohl eher zu empfehlen, dann wäre der steilste und schwierigste Teil am Anfang zu bewältigen, wenn man noch frisch und munter ist. So war mein Trinkwasser schon fast aufgebraucht und meine Muskeln schmerzten als ich am Gipfel ankam. Ich fühlte mich einfach nur erschöpf, und glücklich. Der Ausblick war grandios! Rund um mich herum in 360° waren Berge und dazwischen auf der einen Seite der Lago di Lugano und auf der anderen der Lago Maggiore.
Wenn man nicht so wie ich zu wenig Wasser dabei hat und dazu auch noch aufs Klo muss, kann man dort noch ein Weilchen verweilen und die Aussicht genießen. Ich hatte zum Glück nur noch ein paar Schritte zu gehen, bis zum Capanna Tamaro, der Hütte, die ich mir schon für die Übernachtung ausgesucht hatte.
Dort angekommen setze ich mich auf die Terrasse und schaute vier Stunden auf die Berge und den Himmel, bis die Sonne untergegangen war.
Nach dem Abendessen aus Polenta mit Blauschimmelkäse und Tee fiel ich zufrieden und selig ins Bett. Es gab 53 Schlafplätze. Ich hatte einen Platz in einem Schlafsaal reserviert, den ich mir selber aussuchen konnte, weil nur noch ein Pärchen mit mir dort schlief. Den Schlafsack habe ich selber mitgebracht, Federbett und Kopfkissen waren vorhanden. Es war alles sehr einfach gehalten und völlig ausreichend für eine erholsame Nacht nach solch einem Wandertag.
Am nächsten Morgen machte ich mich gleich nach dem Frühstück auf den Weg zur Alpe Foppa, wo die Kirche Santa Maria degli Angeli steht, welche vom Architekten Mario Botta entworfen und vom dem Maler Enzo Cucchi verziert wurde. Es lohnt sich dieses Meisterwerk zeitgenössischer Architektur zu besichtigen.
Auf meinem Weg dahin begegnete ich zunächst nur Schafen.
Die Luft war ganz klar und es war still und die Sonne fing langsam an mich zu wärmen. Nach und nach kamen mir erste Wanderer entgehen, die meine Route in die entgegengesetzte Richtung nahmen. Wenn Ihr die Tour anders herum gehen möchtet, gibt es übrigens die Möglichkeit in der Hütte Ostello Vetta auf dem Monte Lema zu übernachten.
Von der Alpe Foppa ging es schließlich mit der Seilbahn runter nach Rivera und von dort wieder mit dem Bus nach Lugano. Eine Nacht schlief ich noch im Hotel, wo mein Koffer bereits auf mich wartete und am nächsten Tag reiste ich wieder retour.
Mit meiner ersten Wanderung war ich mehr als zufrieden und ich plane seither jedes Jahr eine solche Tour. Zwei-Tageswanderung kann ich jedem sehr ans Herz legen!
Alle Infos zu dieser Tour findet Ihr auf www.wandersite.ch, www.lugano-tourism.ch, www.montelema.ch