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Der Philologe, der Marathon läuft

„Der Weg ist das Ziel“, das sollte eigentlich der letzte Satz dieses Gesprächs mit Konstantinos Maragkos, ein 23-jähriger Philologe aus Athen, sein, doch passt der Satz besser an den Anfang unseres Gesprächs und genaugenommen auch an den Beginn meiner einjährigen Zusammenarbeit mit „meinem Praktikanten“. Das Ziel seines Praktikums in Wien war es, so viel wie möglich zu lernen: die Sprache beherrschte er nach einem Jahr auf C1-Niveau, die österreichischen Traditionen brachte ihm sein Mitbewohner Christopher bei und das Land lernte er durch Ausflügen mit seiner Familie aus Griechenland und neuen Freunden aus der ganzen Welt kennen. 

Wieso hat es dich nach Wien verschlagen?

Nach Wien kam ich eher zufällig. Ich hatte die Wahl zwischen Granada, Venedig und Wien und wollte mich erst aufgrund meiner Italienischkenntnisse für ein Praktikum als Assistent eines Griechisch-Lektors in Venedig bewerben. Schließlich klang jedoch die Tätigkeitsbeschreibung für Wien spannender und außerdem hatte ich dort bereits einen Freund, so hab ich mich für Österreich entschieden.

Wiener Wiesn

Einen ersten Eindruck, wie man sich in Wien vergnügt, bekam ich, als ich mit Freunden die „Wiener Wiesn“ besuchte. Ich dachte damals wirklich, so feiert man in Österreich: man tanzt in Karohemd und Dirndl auf den Tischen und trinkt massenhaft Bier.

Du hast von Wien aus mehrere Reisen unternommen, welche Städte hast du denn in dem einen Jahr besucht?

Zunächst war ich in Salzburg gemeinsam mit dem Erasmus Student Network. Wir machten eine Führung zum Mozarthaus, waren in der Getreidegasse und aßen Schnitzel in einem traditionellen Lokal. Ich war dann später nochmal in der Region Salzburg und hab am St. Nikolaustag meinen ersten Krampus gesehen. Das ist der, welcher die unartigen Kinder schlägt – übrigens auch uns, wir bekamen aber auch Süßigkeiten. Im Winter war ich außerdem in Hallstatt. Die ganze Gegend war verschneit. Wir haben uns gefreut wie kleine Kinder und eine Schneeballschlacht gemacht.

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Dann war ich in mehrfach Bratislava. Für mich als Athener war es, als würde ich von Kallithea nach Moschato fahren, einfach so zum weggehen oder auf einen Kaffee. Das Nachtleben dort ist dem in Athen sehr ähnlich, die Preise sind günstig und die Leute trinken viel und gern. Ganz toll fand ich die Skulpturen von Viktor Hulík, Radko Mačuha und Juraj Meliš.

Eine größere Reise über mehrere Tage führte mich nach Polen, wo ich mir Ausschwitz und Krakau angesehen haben. Es ist schwer zu beschreiben, wie ich mich in Auschwitz fühlte, zumal die historischen Fotografien, aber auch die Dinge – Koffer, Schuhe, die Haarbürsten, Haare – und der Ort an sich beklemmend ist.

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Einige Monate später war ich dann auch bei einer Veranstaltung zu den 70 Jahren seit der Befreiung von Mauthausen. Die Stimmung bei dieser Gedenkveranstaltung und die Tatsache, dass ein Überlebender anwesend war, unterschied sich sehr von meiner Erfahrung mit dem touristischen Auschwitz.


Du bist innerhalb eines Jahres den Marathon in Athen und den Vienna City Marathon gelaufen, wie waren deine Eindrücke?

Marathon ist für mich ein darüber-hinaus-gehen, über die körperlichen und psychischen Grenzen. Die Strecke des Athener Marathons verläuft von der Stadt Marathon bis nach Athen und endet im Kallimarmaro-Stadion. Man fühlt sich am Nabel der Geschichte. Das haben ein paar Spinner wörtlich genommen und die liefen dann auch den ganzen Marathon barfuß und mit Speer und Schild. Der helle Wahnsinn, vor allem weil der Marathon auch zu den schwersten weltweit gehört: 13 km geht es ständig auf und ab. Doch ist die ganze Strecke gesäumt von Menschen, die einem zujubeln. Alte Frauen geben dir Olivenzweige, kleine Kinder klatschen.

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Giannis, der Freund, der neben mir rannte hat mir geholfen meine Stärke zu finden und durchzuhalten. Wenn du dann auch noch weißt, dass deine Familie am Schluss auf dich wartet und dir zusieht wie du in diesem historischen Stadion einläufst, ist das schon ein tolles Gefühl.

In Wien habe ich nicht dieselbe Unterstützung erfahren. Zudem ist die Straße nicht so beeindruckend, man hat mehr das Gefühl der Strecke eines Touristenbusses zu folgen. Aber meine Schwester hat mich besucht und wir haben anschließend gefeiert. Die Medaille selbst habe ich gleich meiner Mutter geschickt.

Was macht Athen für dich aus?

Ich mag es in sogenannte „Stekia“ zu gehen, das sind kleine Lokale, wo man Stunden verbringen kann. Man isst was, trinkt und hört der Musik zu, trifft ein paar Freunde, ohne sich vorher verabredet zu haben. Die Musik, insbesondere der Rembetiko, hat mir gefehlt in Wien, und der Geruch des Meeres.

Eine Sache kann ich dir als Frau nicht nachmachen und das ist deine Reise auf den Berg Athos, wo du drei Tage in einem Kloster verbracht hast.

Ich lebte im Augst 2014 für drei Tage gemeinsam mit einem Freund, Ilias, im Kloster Docheiariou. Ob ich zu Gott gefunden habe? Eher nicht, aber ich habe neue und einzigartige Erfahrungen gemacht in der Mönchsklausur. Ich lernte Mönche kennen, die bereits mit dreiundzwanzig das Leben als Mönch wählten! Mehrstündige Gespräche und die Messen um 4:30 bis 9:00, dann ein Essen, Arbeit gemeinsam mit den Mönchen (wir haben Schweine gefüttert, wobei am Berg Athos kein Fleisch gegessen wird), Besuch der reich bestückten Bibliothek mit Handschriften aus dem 10. Jahrhundert (Stücke des Aristophanes mit Kommentar!). Es war wirklich ein einzigartiges Erlebnis, insbesondere die offenen Gespräche mit den Mönchen bleiben mir in Erinnerung.

Agio Oros 2014

Ehrlich, das war das leckerste Essen das ich in meinem Leben gegessen habe. Man fühlt sich verbunden mit der Natur, selbst das Wasser, das wir aus einem Brunnen holten, kann man als geweiht charakterisieren

Ich glaube, wir hätten noch einige Stunden zusammensitzen können und uns seine Fotos von den vielen Reisen ansehen können. Es vielen viele Namen und immer wieder kamen neue Gesichter dazu. Das Netzwerk an Freunden und Bekannten, die Konstantinos und seine Familie auf der ganzen Welt besuchen fahren, ist wirklich enorm und deren Gastfreundschaft macht für ihn jede Reise einzigartig. Konstantinos ist inzwischen wieder in Griechenland und leistet dort gerade als Fallschirmspringer seinen Militärdienst ab. Nach seiner Abreise hat er mir einige Fotos geschickt. Die Bilder sind nicht bearbeitet oder besonders künstlerisch, sie zeigen jedoch die Freunde und die Leidenschaft für das Reisen und seinen Weg zum Ziel.

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Wenn ich Freund zu Besuch in Wien hatte, dann startete ich meist beim Stephansplatz, dann gingen wir zu den beiden griechisch-orthodoxen Kirchen beim Schwedenplatz, über den Stadtpark zur Oper und dann den Ring entlang bis zur Universität. Die beste Aussicht? Vom Donauturm und vom Kahlenberg.

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Ich hab über 30 Leute nach Griechenland eingeladen. Mit all diesen will ich auch Kontakt halten. Hauptsächlich über Mail und Handy. Und ich will natürlich auch selbst reisen und diese Freunde – wie hier aus dem Deutschkurs –  besuchen.

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Am besten hat mir Ljubljana gefallen, es hat richtig klick gemacht. Zwar hat man die Sehenswürdigkeiten in weniger als drei Tagen durch, doch war das Wetter sehr gut und irgendwie war die Atmosphäre stimmig.

Dubai 2014 (2)

Im Zuge meiner Reise nach Dube im Mai 2014 machten wir eine Safari. Der Fahrer ließ die Luft aus den Reifen des Jeeps um besser lenken zu können, die Fahrt hat dennoch ein ganz schönes geholpert!

Österreichische Familie

Dieses Bild benannte Konstantinos mit „Österreichische Familie“. Es ist die Familie seines Mitbewohners Christopher aus Neulengbach.

Einen guten Sprung ins neue Jahr!

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